Wer freundlich mit sich selbst umgeht – Selbstmitgefühl und Selbstfürsorge praktiziert, geht leichter durchs stressige Arbeitsleben.
Kennst du diese Gedanken?
„Ich bin so blöd? Ich musste mich gestern wieder so aufregen!““
„100%? Damit bin nicht zufrieden! Da geht doch wohl mehr!“
„Was denken bloß die anderen von mir?“
Selbstmitgefühl heißt: Freundlich mit sich in schwierigen Phasen sprechen, statt sich Vorwürfe zu machen. Und auch Ansprüche herunterzuschrauben und kleinere Fehler zu akzeptieren. Solche Selbstfürsorge hilft gegen Stress und du gewinnst Selbstvertrauen und Zuversicht. Studien zeigen, dass Stress weniger & positive Gefühle mehr werden.
Warum ist Selbst-Mitgefühl eine Super-Kraft im Stress?
Wer Selbstmitgefühl für sich aufbringt, kann auch in Krisen und Konflikten wohlwollender mit sich umgehen. Dann gelingt es, übermäßige Kritik zu vermeiden. Für manche Menschen bedeutet es sogar einen Ausstieg aus dem Kampf gegen sich selbst. Das Gefühl des Versagens kann übermächtig sein.Was ist Selbstmitgefühl?
Selbstmitgefühl (englisch: Mindful Self Compassion) ist das Mitgefühl, das man sich selbst entgegenbringt. Anschaulicher beschrieben: Das Gefühl, sich selbst wie einem guten Freund zu begegnen: verständnisvoll und unterstützend. Denn Scheitern, trauern und zeitweilig Selbstvertrauen und Mut zu verlieren gehören zum Leben dazu.
Selbstmitgefühl statt Selbstkritik
Zum Selbstmitgefühl gehört auch, sich mit den eigenen Fehlern auseinanderzusetzen. Aus den eigenen Fehlern lernen wir am meisten.
Die Herausforderung ist die Kunst der konstruktiven Selbstkritik. Viele Menschen neigen dazu, sich im Übermaß kleinzureden und zu verurteilen. Beispielsweise mache ich mir im Job Vorwürfe, verärgert, unzufrieden oder wütend zu sein. Wenn ich von mir verlange, ein Gefühl nicht zu haben ist das unmöglich. Gefühle finden auf körperliche Ebene statt. Dort können sie auch mit Embodiment beeinflusst werden. Dagegen haben Gedanken keine Effekte.
Gleichzeitig führt der Gedanke, nicht gut genug zu sein und alles falsch zu machen zu immensem Druck und Stress.
Mehr Kraft und mentale Power gewinnen wir über Selbstmitgefühl.
Fürsorge - auch ein evolutionärer Vorteil
Fürsorge und ein freundlicher Umgang miteinander ist ein evolutionärer Vorteil. Bereits Charles Darwin hatte beobachtet, dass die kooperativen Gruppen im Vergleich zu denen, wo jeder sich selbst der Nächste war, mehr Nachkommen hatte. Die heutige Forschung knüpft an diesen Ergebnissen an.
Fürsorge gibt Sicherheit, ermöglicht den Raum, um zur Ruhe zu kommen. Und auch Lösungen zu finden. Das sogenannte „Wohlfühl-Hormon“ Oxytocin ist messbar. Die Konzentration steigt an, wenn man entspannt und liebevoll ist oder Fürsorge und Vertrauen erlebt. Dann nehmen Angst, Furcht und Sorgen ab.
Wer sich selbst und anderen freundlich begegnet, aktiviert Hirnregionen, die positive Gefühle und Emotionen – und auch das Mitgefühl verstärken.
So können wir mit Selbstvertrauen und Zuversicht im Job unsere Aufgaben und Ziele produktiv und konstruktiv verfolgen.
Dank meiner fürsorglichen Haltung ist mein Motto: „Ich schaffe das, ich bin stark – auch, wenn es gerade schwer für mich ist.“
Psychologie des Selbstmitgefühls
Der Begriff Selbstmitgefühl wird 2003 von der Psychologin Kristin Neff eingeführt. Es basiert auf dem buddhistischen Konzept des Selbstmitgefühls.
Selbstmitgefühl ist einer der seelischen Schlüssel für Gesundheit und emotionale Ausgeglichenheit. Bereits 2016 findet sich im Ärzteblatt ein Artikel, der die präventive Schulung von achtsamen Selbstmitgefühl und die Kultivierung von Selbstfreundlichkeit betont. (Basierend auf dem Mindful Self-Compassion/ MSC Ansatz, den ich weiter unten vertiefe.)
Umfangreiche Studien verweisen auf die Abnahme von Angst, Depression und Stress sowie mehr Zufriedenheit. Die Übungen sind relativ leicht umsetzbar und sehr wirkungsvoll. Wie alle Lernprozesse brauchen sie Wiederholungen, damit neue Routinen entstehen.
Mehr Selbst-Mitgefühl hat viele Vorteile:
- Erhöhte Lebenszufriedenheit: Dein Stresslevel geht nach unten, Grübelschleifen, Ängste und Sorgen werden deutlich weniger. Du nimmst Abschied vom Perfektionismus und dem Druck, besser sein zu müssen. Du gehst entspannter und gelassener durchs Leben.
- Eigenes Potenzial kennenlernen & leben: Selbstzweifel wie … nicht gut genug, nicht erfolgreich oder nicht schön, … und inneren Kritiker „entmachten“! Das hat weitreichende Wirkung im Beruf und in der Ausbildung. So kannst du Prüfungsangst überwinden. Dir gelingt es, extreme Redeangst und Präsentationsangst zu überwinden. Besonders das souveräne Auftreten spielt beim nächsten Karriereschritt, dem Jobwechsel und der Übernahme neuer Aufgaben eine entscheidende Rolle.
- Zuversicht und Selbstvertrauen wachsen: Du bewertest Misserfolge neu und bist in der Lage deine Ziele mit Ausdauer weiter zu verfolgen. Deine Motivation steigt.
- Innere Stärke: Selbstmitgefühl unterstützt Glücksgefühle, Lebensfreude und Optimismus. Du fühlst dich gut! Dein Mitgefühl für andere wächst, deine Kompromissbereitschaft steigt. So stärkst du aktiv dein Selbstwertgefühl.
So kannst du Selbstmitgefühl lernen
Kristin Neff hat zahlreiche Übungen entwickelt, die das Selbstmitgefühl stärken können. Sie betont:
- … damit aufzuhören, sich ständig zu bewerten und selbst zu verurteilen.
- … Selbstakzeptanz ist der Schlüssel für ein gutes Leben. Akzeptiere deine Stärken, Schwächen und Grenzen.
- … zu versuchen, sich mit den wohlwollenden Augen einer mitfühlenden Freundin (Freundes) freundlich zu betrachten.
- … sich zu trösten, sich Mut zuzusprechen und Mitgefühl zu zeigen. Der Körper reagiert immer.
Nicht zu verwechseln mit Selbstmitleid
Häufig wird Selbst-Mitgefühl mit Selbstmitleid verwechselt. Und diese Begriffe unterscheiden sich inhaltlich deutlich.
Was bedeutet Selbstmitgefühl?
Mitgefühl ist ein zentraler Baustein im Buddhismus. Es geht um die Anteilnahme am Leid oder an der Not der anderen Menschen. Beim Selbstmitgefühl geht es um diese Anteilnahme sich selbst gegenüber. So begegnet man sich in schweren Situationen mit Fürsorge, Freundlichkeit und Respekt.
Das wissenschaftliche Konzept zum Selbst-Mitgefühl von Kristin Neff, einer Professorin für Psychologie und Persönlichkeitsentwicklung an der Universität von Texas knüpft hier an. Eine Sammlung an relevanten Studien und Publikationen findet sich auf der Webseite der MSC Pionierin. Seit 2003 wird der Faktor Selbstmitgefühl in unzähligen Studien weltweit erforscht und weiterentwickelt. Es handelt sich um eine innere Einstellung, die auf drei Facetten beruht.
- Selbstfreundlichkeit
- Das Gefühl der Verbundenheit mit allen Menschen
- Eine achtsame Grundhaltung
Was heißt das konkret?
- Selbstfreundlichkeit bedeutet fürsorglich und verständnisvoll mit sich selbst umzugehen, sich selbst zu umsorgen und trösten anstatt sich zu verurteilen und zu kritisieren.
- Das Gefühl der Verbundenheit mit allen Menschen betont, dass wir mit unseren Erfahrungen nicht allein sind. Das Leben ist unperfekt und wir sind es auch. Fehler zu machen und auch negatives Feedback zu bekommen, ist Teil unserer täglichen Erlebnisse.
- Achtsamkeit bedeutet, auch schmerzhaft und unangenehme Gefühle und Gedanken anzunehmen. Wichtig ist hier diese Gefühle nicht zu unterdrücken, sondern sie wahrzunehmen.
Worin liegt der Unterschied zum Selbstmitleid
Selbstmitleid dagegen bedeutet, dass du an dir selber leidest. Vielleicht etwas zugespitzt beschrieben: Du ziehst dich jammernd in eine Ecke zurück, beklagst lautstark oder auch ganz leise weinerlich dein Elend. Nur du bist so arm dran, besonders dich hat es ganz schlecht erwischt. Und schaffst es dich in Rekordzeit in deine Abwärtsspirale zu bringen.
Positivspiralen sorgen für Mut und Zuversicht, dagegen führen Negativspiralen mental nach unten. Bald fühlst du dich noch viel schlechter.
Selbstverständlich entspricht die Szene im Film mit den vielen Tränen und dem riesigen Becher Eiscreme im einsamen Bett nicht dem wahren Leben.
Du hättest gerne Unterstützung dabei, deinen Selbstwert zu stärken?
Wenn du häufiger negative Gedanken hast bzw. dein innerer Kritiker ständig deine Erfolge kleinredet, dann hilft dir ein guter Coach gerne weiter. Es ist wichtig sich mit seinen Stärken, Schwächen, Fähigkeiten und Fehlern ganz anzunehmen.
Die Funktion des Selbstwertgefühls für die Seele ist mit der Funktion der Immunabwehr für den Körper vergleichbar. Ist dein Selbstmitgefühl bzw. dein Selbstwert angeschlagen, dann nimmst du dir jedes kritische Wort, jeden vermeintlich skeptischen Blick zu Herzen und beginnst zu grübeln.
Dann könnte dir Selbstvertrauen Coaching und Mentaltraining helfen. Übrigens gehören Humor und Zuversicht zum Coaching dazu, besonders bei sehr ernsthaften Themen!
Zum leichteren Verständnis ein Beispiel
Du hast dir vorgenommen, morgens von montags bis freitags kleine 10-minütige Yoga-Übungen in deinen Tagesablauf einzubauen. Montags und dienstags klappt das gut. Am Mittwoch bist du so verschlafen und lässt die Übung ausfallen. Am Donnerstag hast du den Termin vergessen.
Du hast 3 mögliche Muster zu reagieren:
- Wie bisher in klassischer Abwertung. Boah, du bist die einzige, die das nicht auf die Reihe bekommt! So kleine Anforderungen und hier scheiterst du schon! Das wirst du nie hinbekommen …
- Mit Selbstmitleid: Nur dir gelingt das nicht. Allen anderen gelingt das. Vielleicht nehme ich mir jetzt einen Schokokeks … oder auch 2/3.
- Mit Selbstmitgefühl: Na gut. Das ist noch nicht so gut gelaufen. Die Herausforderung ist ziemlich groß. Vor 5 Jahren habe ich zuletzt einen neuen Sport ausprobiert. Immerhin ist ein Anfang gemacht. Rückschläge gehören in der ersten Zeit dazu. Das schaffe ich schon. Schließlich habe ich auch … gelernt.
Wertest du dich weiterhin mit destruktiven Verhaltensmustern ab, dann hast du einen Garantieschein für weitere schlechte Laune und sinkende Motivation.
Mit dem Fokus auf Selbstmitleid trägst du dazu bei, dein Problem am Laufen zu halten – Auch hier verlässt dich schnell deine Motivation.
Mit mehr Selbstmitgefühl und Verständnis kannst du nächste Woche mit neuer Motivation weitermachen.
Negative Glaubenssätze auflösen
Fehlendes Selbstmitgefühl und negative Glaubenssätze hängen häufig zusammen. Wie du dich fühlst – gut oder schlecht, motiviert oder demotiviert, ist auch das Ergebnis davon, wie du mit dir sprichst. Dein innerer Kritiker konstruiert deine Realität. Positive wie negative Glaubenssätze und Denkmuster sind tief verwurzelt.
Dein innerer Kritiker verkündet immer wieder:
„Ich schaffe das nicht.“
„Ich kann das nicht.“ oder
„Ich bin einfach nicht gut genug.“
Negative Gedankenmuster kannst du mit Unterstützung zügig auflösen und transformieren.
Dieses negative Gedankenkarussell kann noch im hohen Erwachsenenalter Wirkung zeigen. – Selbstzweifel und mangelnde Resilienz zeigen sich im Alltag vieler erwachsener Menschen.
Hilfreich ist hier die Überlegung, wie dein bester Freund/ in in dieser Situation reagieren würde.
Übung "Ein guter Freund sein"
Deine Aufgabe: Einen mitfühlender Brief schreiben.
Für diesen mitfühlenden Brief kannst du an eine momentane Herausforderung, eine Verhaltensweise denken, die du ändern möchtest. Etwas, das dir des öfteren Stress, Kummer oder Sorgen bereitet. (Hier, zum Einstieg liegt die Messlatte bei leicht bis mittelschwer belastend).
Dann wechselt du die Perspektive. Du siehst dich mit den Augen deines besten Freundes/ Freundin: Sehr zugewandt, mit viel Mitgefühl, Herz und ganz viel Freundlichkeit. Dieser beste Freund kennt dich sehr gut, mit allen Stärken und Schwächen. Er schätzt dich genau wie du bist. Im Gesamtpaket! Er hört die so geduldig und aufmerksam zu wie Momo im Buchklassiker von Michael Ende.
Was würde dieser Mensch wohl sagen, angesichts dieser besonderen Herausforderung? Mit welchen Worten würde er dich unterstützen, für dich da sein?
Nimm dir etwas Zeit und schreibe alles auf was dir dazu einfällt. Sammele wertschätzende, hilfreiche und tröstende Worte! Alles was von Herzen kommt.
Dann legst du den mitfühlenden Brief zur Seite. Ein bis zwei Wochen später liest du ihn erneut … und spüre die Wirkung von Mitgefühl, die Verbundenheit, Trost und Akzeptanz.
Viel Erfolg beim Ausprobieren!
Ciao Claudia
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